Stagjonâi

 

lassâ

la famea

la cjasa

il bearç

l’ostaria

i amîs

las pedradas

un cîl di sisilas

i odôrs

di una vita

 

strengi

tar na valîs

i vistîts

plens di bosc

i ricuarts

e las fotografias

un toc di formadi

il livel

un salam

una cjaça

dôs coculas

il plombin

e una lagrima

ingossada

 

bussâ

la femina

i fruts

ridìnt

plens di poura

di mètisci

a vaî

e po lâ

 

cun corieras

e trenos

lontans

dulà che l’âga

a à un âti savôr

e no sàn fâ la polenta

e il vin

nol sà da nuja

e la int

a à pressa

 

pensant

a novembre

a vacja

ch'a i tocja

al pecol

rot

da olza

 

durmî

intuna baraca

cun int

ch'a rangussa

dopo vê neât

ta bira

il ricuart

di nots

plenas di fôc

e i mateçs

dal canaj

tas moschetas

Saisonarbeiter

 

verlassen

die Familie

das Haus

den Garten

das Wirtshaus

die Freunde

die Dorfstrassen

einen Himmel voll Schwalben

die Gerüche

eines Lebens

 

stopfen

in einen Koffer

Kleider

voll Waldgeruch

Andenken

und Fotos

ein Stück Käse

eine Wasserwaage

einen Salami

eine Maurerkelle

ein paar Nüsse

ein Lot

und eine erstickte

Träne

 

küssen

die Frau

die Kinder

lachend

voller Angst

dass man anfängt

zu weinen

und dann fort

 

mit Autobussen

und Zügen

weit weg

dorthin, wo das Wasser

einen andern Geschmack hat

und sie keine Polenta machen können

wo der Wein

nach nichts schmeckt

und die Leute

immer in Eile sind

 

gehen

in Gedanken

im November

bei der Kuh

die bald kalbt

bei der kaputten

Runge

des Schlittens

 

schlafen

in einer Baracke

mit andern

die schnarchen

nachdem sie

im Bier

die Erinnerung

ertränkt haben

an Nächte

voll Feuer

und an das Grabschen

des Kleinen

nach dem Schnurrbart

Leonardo Zanier

 

schreibt in Friaulisch

Deutsch von Laura Pradissitto

 

Aus: Leonardo Zanier, «Den Wasserspiegel schneiden / Sot il pêl da l'âga», Limmat Verlag, Zürich 2002.


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